Mitten hinein ins intellektuelle, oder wie man nun gerne sagt ́andere ́ US-Amerika, führt uns dieser dritte Roman von Ben Lerner – und mitten heraus aus seinem Leben, denn es ist ein im engen Sinne autofiktionaler Roman, in dem uns der Autor als Adam Gordon begegnet, 17-jähriger Sohn eines Psychologen-Ehepaars. In Topeka, Kansas arbeiten Vater und Mutter als Therapeut und Forscherin an einem international renommierten Institut für Psychologie -kryptisch stets „the foundation“ genannt- und während der Vater sich dort vorwiegend schwierigen Jugendlichen widmet, erlangt die Mutter einige Berühmtheit als Autorin. Adam erlebt ein Zuhause der Gespräche, des Verstehenwollens, erweist sich vielleicht deshalb bald als hochbegabt in der Kunst des Debattierens, die in Amerika, durchaus anders als hierzulande, gelehrt und wettbewerbshaft betrieben wird in Schulen und Clubs, und mit der man es, wie unser Protagonist, zur Landesmeisterschaft schaffen kann. Doch die Debatte (der ́Diskurs ́) ist degeneriert, das (hier diagnostizierte) Ende der Verständigung im Amerika der 90er Jahre begleitet uns thematisch durch dieses Buch Adams ́, ebenso wie die weit herreichenden feministisch und linksliberal fundierten Ideale der Eltern - bis in Trumps Gegenwart. Drei Protagonisten also: Jonathan, Jane, Adam, denen im Buch eigene, sich abwechselnde Kapitel gewidmet sind; und jeweils fast kommentarhaft begleitet werden von Darrens Geschichte, Jonathans jugendlicher Patient, der Loser, Antipode, gewaltvolle Kind-Mann. Der Flug der Billardkugel, die er auf einen Menschen abfeuert, wird 390 Seiten dauern. Thematische und zeitliche Überschneidungen und Dopplungen spielen mit der Möglichkeit der Verschiebung. Denn nichts geschieht nur auf einer Ebene und Lerner hat eben gelernt (!), uns zu verwirren – und tut es im Namen der Aufklärung. Meisterhaft, wenn er der Figur des Klaus, deutscher Emigrant, dessen Familie im Holocaust ermordet wurde, Psychoanalytiker, väterlicher Freund und Kollege Jonathans, dann nonchalant die Deutungshoheit erobern lässt. Bei all dem (denn natürlich verhandelt dieser Roman vor allem die Probleme der Zeit, an erster Stelle ́toxische Männlichkeit ́, Rassismus, Homophobie) ist die Topeka Schule ein fesselnder Familienroman, der vor schönen Sprachbildern und unerwarteten Assoziationen funkelt, und auch humorvoll zu unterhalten versteht.Der Autor sagt: „Was mich anzieht an der Arbeit mit autobiografischen Elementen, ist genau das: Dass du von vornherein alle Probleme der eigenen Position zugibst.“ Und wir meinen: Ein Buch nicht nur für Psychoanalytiker und alle, die das immer schon mal werden wollten, literarisch überragend und leicht überlastet. (F. Peters)